Valentino Rossi – Quo Vadis, Dottore?

Viele Jahre – und insgesamt 9 WM Titel in verschiedenen Klassen – hat Valentino Rossi der MotoGP seinen Stempel aufgedrückt und war Garant für sportliche Superlative und nicht zuletzt gute Unterhaltung. Die ganze Karriere lief wie im Bilderbuch: angefangen von den Ergebnissen über die geringe Sturzquote und die wenigen Verletzungen bis hin zum Wechsel von Honda zu Yamaha, die zu der Zeit nur ein vermeintlich nicht siegfähiges Motorrad anzubieten hatten – und mit der Rossi dann gleich das erste Saisonrennen gewann. Rossi, so schien es, kann nur gewinnen.

rossi

Was dann kam, ist bekannt: Nachdem Jorge Lorenzo sich gereift präsentierte und Rossi erstmalig 2010 den Titel wegschnappte wollen er und sein kongenialer Partner Jeremy Burgess es 2011 nochmal wissen und wechseln gemeinsam zu Ducati. Der Wechsel bedeutet für Vale einen 100%igen Nummer-1-Status und wird von ganz Italien als Traumhochzeit gefeiert. “Il Dottore” – Ehrendoktor in seiner Heimatstadt Urbino – auf dem italienischen Motorrad: Ein Traum der Tifosi wird wahr.

Das Ergebnis fiel deutlich anders aus und offenbarte, dass wohl allein Casey Stoners außergewöhnliches Talent und seine Fähigkeit, ein rutschendes und schlingerndes Motorrad im Zaum zu halten, Titelgewinne für Ducati überhaupt möglich machte. Rossi ging sang- und klanglos unter, stürzte, gab am Ende auf und kehrte für die 2013er Saison zu Yamaha zurück.

Im Vorfeld gab sich Rossi zurückhaltend und versuchte, allzu hohe Erwartungen vorsorglich zu dämpfen. Er müsse nun erstmal sehen, ob er nach den 2 Jahren bei Ducati noch ein Spitzenfahrer sei. Ob er noch mithalten könne sei ungewiss, so der Serienweltmeister. Ob es an der Ducati Zeit, an seinem Beinbruch 2010 oder am Tod seines Freundes Simoncelli in Sepang lag: Bisher scheint es nicht nur Tiefstapelei, sondern eine realistische Einschätzung gewesen zu sein.

Ob sein Zenit einfach überschritten ist, ob die neue Fahrergeneration (allen voran Jorge Lorenzo, aber ganz sicher auch ein Marc Marquez und viele andere) einfach besser ist oder ob Herrn Rossi “nur” der Biss verlassen hat ist schwer zu sagen, aber anhand der bisherigen Ergebnisse erwartet keiner mehr, dass der Altmeister nochmal einen WM-Titel in der MotoGP einfahren wird.

Schon sind natürlich die Journalisten (und die Schreiberlinge in Fan- und Motorradforen) schnell dabei, über die Zukunft zu spekulieren.

Im Angebot wären da:

  1. ein zweiter Frühling in der Superbike-WM, wie es schon sein ehemaliger “Lieblingsgegner” Max Biaggi vorgemacht hat (inklusive zweier Saisontitel als Sahnehäubchen)
  2. ein Wechsel ins Auto zum Straßen- bzw. Rundstrecken-Motorsport (DTM oder GT3)
  3. oder ersatzweise der Rallye Motorsport

Früher mal kolportierte Optionen (z.B. Formel 1) darf man wohl getrost ins Land der Träume verweisen – der Zug ist sicher abgefahren, auch wenn er sich bei den Testfahrten in der automobilen Königsklasse stets achtbar geschlagen hatte. Andere attraktive Optionen (das Leben genießen, nur noch zum Spaß fahren, Surfen, was weiss ich) lassen wir auch mal außen vor, denn dazu gibt es nichtmals Gerüchte 😉

Als treuer Zuschauer von MotoGP und Superbike-WM wäre mir natürlich Option 1 am liebsten, denn für einen klasse Fight und gute Unterhaltung ist Herr Rossi sicher unverändert gut.

Doch ist es überhaupt schon soweit? Schafft Rossi nochmal einen Sieg in der Königsklasse und, viel wichtiger: Wie viel Spaß macht es dem Altmeister, im Mittefeld mitzufahren statt der schillernde Star zu sein?

Fraglich ist auch, auf welchem Motorrad er überhaupt ab dem kommenden Jahr sitzen könnte. Der Vertrag bei Yamaha läuft 2013 aus und für seinen Platz im Werksteam scharrt nicht nur Cal Crutchlow mit den Hufen. Der Marketing-Wert eines Valentino Rossi ist sicher weiterhin ungeschlagen, aber ein Hersteller muss am Ende auch die sportlichen Erfolgspotentiale berücksichtigen – und da scheinen andere im Vorteil zu sein. Es bleibt interessant, ich werde hier berichten…

Bemerkenswert aber für mich: Vor einigen Jahren hätten viele noch angenommen, dass die MotoGP ohne Rossi (bzw. mit einem “hinterherfahrenden” Rossi) viel von ihrer Spannung verlieren würde – das wurde jedoch glücklicherweise nicht bestätigt. Die “jungen Wilden” machen eine tolle Show. Dani Pedrosa ist in der Form seines Lebens, Marc Marquez ist mit Feuer und Risikobereitschaft gleich im Debutjahr ganz vorne dabei und Jorge Lorenzo zeigt sich gereift und kontrolliert wie nie – hinzu kommt der englische Fighter Cal Crutchlow, der immer wieder seine Ambitionen mit Podiumsplatzierungen unterstreicht. Im Ergebis heisst das für mich bisher: 2013 scheint bisher eine der spannendsten Saisons zu werden – wünsche allen Lesern viel Spaß dabei!


Bildquelle: flickr User Willtron, Bildlink, Bildlizenz

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